Was geht ab in Mordor?
Musik und Literatur in der Likörstube: ein niederschwelliger Kulturort mit Geschichte. Ein Interview unserer Bezirksrätin Gerda Daniel mit Kulturmanagerin Ursula Napravnik.



Redaktion:
Den Verein „Was geht ab in Mordor“ gibt es nun seit 2022. Wie seid ihr zu diesem etwas außergewöhnlichen Namen gekommen und welche Personen stecken dahinter?
Ursula Napravnik:
Mordor ist der Name eines Orts aus Herr der Ringe und bedeutet so viel wie „Dunkle Welt“. Floridsdorf war lange ein dunkler Ort für Kultur – doch jetzt geht immer mehr ab! Unser Verein will die Kulturszene nach Floridsdorf bringen.
Für Veranstaltungskonzepte und Planung sowie Finanzierungsansuchen bin ich alleinige Verantwortliche, doch ich habe ein tolles fixes Team von sieben Personen, die mit mir die Ideen umsetzen. 
Redaktion:
Ihr seid sehr aktiv und habt rasant durchgestartet mit dem Floridsdorfer Kultursender und v.a. mit „Literatur in der Likörstube“. Erika Pluhar hat dort gelesen, auch Susanne Scholl stand im Februar auf dem Programm. Was hat dich/euch bewegt, einen der letzten „Branntweiner“ in Floridsdorf sehr erfolgreich zum Ort für Kultur aufzubauen?
Ursula Napravnik:
Mich interessieren außergewöhnliche Räume – speziell „männlich konnotierte“ Räume. Außerdem ist der Besitzer der Likörstube, Herr Franz, nicht nur eine Geschichtslegende in Floridsdorf, sondern einer der letzten „Brandineser“ von Wien. Geschichtlich sehr bewandert, bringt er sich auch bei den Veranstaltungen ein.
Außerdem ist mir ein niederschwelligen Kulturort ohne Konsumzwang wichtig. Herr Franz stellt die Likörstube unentgeltlich und ohne Konsumzwang zur Verfügung. Ich bekomme immer wieder das Feedback v.a. von einkommensschwachen Frauen, wie sehr sie sich über dieses Angebot freuen.
Redaktion:
Seit heuer kommt auch noch „Musik in der Likörstube“ dazu – wie ist es dazu gekommen?
Ursula Napravnikd:
Da die Literaturveranstaltungen immer schon vorab ausgebucht sind und der Bedarf nach Kunst und Kultur vorhanden ist, habe ich die Programmschiene erweitert mit Musiker:innen, die in dem vorhanden Raum auftreten können.
Redaktion:
Letztes Jahr gabs auch ein spannendes Programm mit Gedenken an die Februarkämpfe im Schlingerhof, die „Schlinger Heroes“ – das fand großen Anklang, die Termine waren komplett ausgebucht. Wird es das wieder geben?
Ursula Napravnik:
Ja – sofern es eine Finanzierungsmöglichkeit gibt – jedoch nicht 2025, das hat private Gründe. Der Film über die Schlinger Heroes wird allerdings auf Tour gehen, nicht nur in Wien.
Redaktion:
Was sind eure Highlights bis zum Sommer? Und welche Pläne gibt es darüber hinaus?
Ursula Napravnik:
Sicher die außergewöhnlichen Musiker:innen und Literat:innen, die in der Likörstube auftreten, und im Sommer die Veranstaltungen am 1210er Fußballplatz…
Die Veranstaltungen sollen aufgenommen und archiviert werden, sie stehen für Radiosendungen oder historische Nachforschungen zur Verfügung. Unsere Website wird jedenfalls weiter ausgebaut.
Redaktion:
Was wünscht du dir in Bezug auf Kultur vom Bezirk?
Ursula Napravnik:
Dass das Kulturbudget erheblich erhöht wird! Es ist erfreulich, dass schon ein wichtiger Schritt in diese Richtung getan wurde. Und weiters, dass die Geschichte und Präsenz der Roma als Teil des Bezirks sichtbarer wird. Besonders freut es mich, dass dass ZOOM Kindermuseum beim Bahnhof Floridsdorf bald kommt!
Das Interview mit Kulturmanagerin Ursula Napravnik des Kulturvereins „Was geht ab in Mordor“ führte unsere Bezirksrätin Gerda Daniel.
Nächste Veranstaltung
Am 28. März 2025 liest Walter Schübler aus seinem aktuellen Buch „Vom Essen zwischen den Kriegen“. Der Publizist hat sich eingehend mit der Esskultur zwischen 1919 und 1939 auseinandergesetzt: Von Schwarzmarkt und Schleichhandel, fett- und fleischlosen Tagen, Fahrschein-Rezepten, Haushalt-Sklaverei, Urbiskuit und Bliemchenkaffee, Hausmannskost und Haute Cuisine, Essen auswärts und en famille, Bars und Bordellen, Kaffeehäusern und Cafeterien, Küchen-Revolutionen und Kalorienzählerei, fetten Diktatoren und verhärmten Volksgenossen, „Putschkrapferln“ und „Totschlagsahne“.
Schüblers Buch ist eine Einladung, Essen und Trinken als „Querschnittmaterie“ wahrzunehmen, in der alle Lebenssphären zusammenlaufen: von A wie Abschöpffett, Abzugbier, American Baking Powder Company, Armenausspeisung und Automaten-Buffet bis Z wie Zuckerbäckerstil, Zugemüse, Zuschlagsstoff, Zuwaage und Zwangsbewirtschaftung.
Ort: 1210 Wien, Brünner Straße 26-32 
Zeit: 28. März 25, 17:30 Uhr, Beginn 18:00 Uhr.
Eintritt bei freier Spende. 
Wegen beschränkter Teilnehmer:innenzahl bitte unbedingt um Anmeldung unter: wasgehtabinmordor@gmail.com. Weitere Informationen unter: https://wasgehtabinmordor.com/likorstube/
Kulturort Likörstube
https://wasgehtabinmordor.com/likorstube/