Bürger:innen beteiligen oder so tun als ob?
Aktuell gibt es Beteiligungsmöglichkeiten zum Franz Jonas-Platz. Das Interesse ist groß – genauso wie die Skepsis, ob die Teilhabe auch etwas bringt. Ein Blick auf vergangene Beteiligungsprojekte in Floridsdorf macht deutlich, warum bei uns die Bevölkerung befürchtet, dass viele der eingebrachten Ideen ungehört verpuffen.



Bürger:innen beteiligen, das klingt immer gut. Wieder einmal ruft der Bezirksvorsteher zum Ideenspenden auf . Diesmal für den Franz Jonas-Platz.
Ein Platz, der gestandene Planungsprofis vor große Herausforderungen stellt. Denn viele Nutzungen müssen auf dieser Fläche untergebracht werden. Einerseits ist der Platz wichtigster Verkehrsknoten des öffentlichen Verkehrs nördlich der Donau, andererseits soll auch eine Aufenthaltsqualität für die Bewohner:innen entstehen, die diesen Namen verdient. Also schnell noch ein paar Wochen vor der Wahl zur Bürgerbeteiligung aufrufen – das ist offenbar die Devise des Bezirksvorstehers.
Bei der Veranstaltung Mitte März im HdB kommen etwa 200 Leute. Auch online gibt es eine rege Beteiligung. Das alles spricht für ein großes Interesse an den notwendigen Verbesserungen und für ein großes Interesse an Mitsprache. Aber es gibt bei der Veranstaltung viele kritische Stimmen, ob die Beteiligung auch etwas bringt. Kein Wunder, dass die Skepsis groß ist.
Die Erfahrungen in Floridsdorf zeigen leider, dass da vieles nur so „zum Schein“ passiert. Viel Zeit und Mühe müssen Bürger:innen und auch die vorbereitenden Personen investieren und oft fragt man sich, wo Ergebnisse zu sehen sind, die den Aufwand rechtfertigen. Denn bei der Umsetzung verpuffen die meisten Ideen. Stunden- , tage- und wochenlange Beteiligung ist nutzlos, wenn sie im Mistkübel des Magistrats oder des Bezirksvorstehers landet. Da stiehlt man das Wertvollste, was Menschen haben- ihre Zeit.
Beispiel 1:
„Place City“ ein EU-Beteiligungsprojekt zum Bezirkszentrum
2021 wurde das Projekt „Place City“ gestartet, das durch eine Förderung von 83.000 € aus EU-Mitteln ermöglicht wurde. Die Idee dahinter: Eine Aufwertung und Stärkung von städtischen Zentren durch hohe Aufenthaltsqualität. In einem breiten Beteiligungsprozess wurden unter engagierter Beteiligung aus der Bevölkerung viele gute Ideen gesammelt – u.a.für den Pius-Parsch-Platz, für den Kinzerplatz, für kulturelle Projekte (Programmkino) u.v.m.
Die Ideen wurden bei einer gut aufbereiteten Ausstellung in der VHS präsentiert. Und dann?
Die Umsetzung der Ideen ist im Vergleich zum Aufwand der Beteiligung mager. Das liegt in der Verantwortung des Bezirks. Es gab auch keine weitere Kommunikation mit der Bevölkerung dazu. Anfang 2024 haben wir Grüne mit einer Anfrage in der Bezirksvertretung nachgehakt, was aus diesem EU-Projekt wurde. Der Eindruck entsteht, dass es nur wenig Interesse der Bezirksvorstehung gibt, etwas Nennenswertes von den guten Vorschlägen aus der Bevölkerung umzusetzen.
Beispiel 2:
Das Wiener Klimateam
2023 gab es wieder eine Möglichkeit zur Beteiligung, diesmal organisiert vom Klimateam Wien.
Aus 498 Vorschlägen, davon 234 für den öffentlichen Raum, wurden 21 Projekte ausgewählt, die bis 2025 umgesetzt werden sollen. Knapp die Hälfte davon sind noch nicht verwirklicht, darunter so einfache Dinge wie die Anschaffung eines Lastenrads, ein Radservice auf der Donauinsel und Fahrradständer, die vielerorts v.a. vor Schulen fehlen.
Dass Fahrradständer vor Schulen fehlen, könnte einem auch ohne Bürger:innen-Beteiligung auffallen.
Der Schlingermarkt muss mit mageren 2 Bäumen klimafit werden.
Vom eigentlichen Ziel dieser Beteiligungsverfahren, dem klimafitten Stadtraum sind wir in Floridsdorf weit entfernt. Ganze Straßenzüge und deren Bewohner:innen sind weiterhin der zunehmenden Hitze ausgesetzt.
Weitere Beispiele
- Eine umfangreiche (Online-)Befragung zum Thema Familienfreundliches Floridsdorf führte – wie gewohnt – zu mickrigen Ergebnissen. Von vielen tollen Anregungen aus der Bevölkerung wurden nur eine handvoll einfache Projekte umgesetzt. Alle Anliegen zur Verkehrssicherheit wurden in der Bezirksvorstehung überhaupt beiseite geschoben.
- Keine Umsetzung in Floridsdorf gab es auch nach Wiens größter Frauenbefragung. Dank eines Antrags von uns Grünen wurde das überhaupt erst im Bezirk besprochen. Leider aber wieder nichts davon in Floridsdorf umgesetzt.
- Masterplan Gehen Floridsdorf: Bürger:innen konnten Schwachstellen und Hindernisse beim Zu- Fuß- Gehen melden. Viele haben sich aktiv beteiligt, ein umfangreiches Papier mit Vorschlägen wurde erarbeitet. Man darf raten: Der Bezirk hat nichts davon umgesetzt.
Beteiligung ohne merkbare Umsetzung von Ergebnissen ist wertlos
Unser Fazit: Bürger:innenbeteiligung muss ernst gemeint und gut gemacht werden.
Vor allem aber muss man eine Umsetzung sehen, die rasch und im notwendigen stattfindet.
Es ist mehr als verständlich, dass viele Menschen bei sogenannten Beteiligungsverfahren skeptisch bleiben. Schade. Es ist daher der viel effizientere Weg sich gleich in Bürger:innen-Initativen oder bei den Grünen zu engagieren!
Heidi Putz