Das Hufnagl – Alltagskultur im Grätzl
Wie ist es gelungen, dieses Kulturzentrum zu initiieren? Und was sind die Schwerpunkte im Herbst? Wir haben mit Gabriele Tupy und Christian Strasser gesprochen, den beiden Obmenschen des Vereins „s’Hufnagl“.
Gerda Daniel (Grüne Bezirksrätin): Der Kulturverein s’Hufnagl wurde vor einigen Monaten gegründet. Wie kam es dazu, wer hat die Initiative gesetzt?
Gabriele Tupy und Christian Strasser (Kulturverein s’Hufnagl): Die Initiative ging von den Delegierten und Hausvertrauensleuten der Viktor-Hufnagl-Wohnhausanlage in der Gerasdorferstraße 61 aus. Schon lange kannten wir den Wunsch der Mitbewohner:innen nach einem kleinen Café, einem netten Treffpunkt zum Zusammensetzen und Plaudern und nach Kultur am Stadtrand. Als die schon lange leer stehende Ladenzeile auf dem Vorplatz dann abgerissen und der gesamte Vorplatz verbaut werden sollte, befragten wir unsere Bewohner:innen – mit einem sensationellen Ergebnis: rund 85 % sprachen sich für den Erhalt des Gebäudes und eine neue Nutzung als Café und Kulturstandort aus. Dass uns das letztlich gelungen ist, sehen wir als riesengroßen Erfolg und Meilenstein in unserer Arbeit! Aus dem Umfeld bekommen wir Rückmeldungen wie: „Endlich tut sich auch bei uns etwas!“, „Was ihr geschafft habt, ist ein Wunder!“, „Danke, für die tolle Idee mit dem Grätzeltreffpunkt, ich wünsche viel Erfolg und Freude!“.
GD: Der Eröffnungsabend mit Film Ende August war schon ein voller Erfolg, ebenso die Solidaritätsveranstaltung für die Ukraine am 16.9. Als kultureller Nahversorger in der Gerasdorferstraße startet ihr nun mit einem sehr attraktiven Programm in den Herbst – was sind da eure Schwerpunkte?
Kulturverein s’Hufnagl: Mit unserem ersten Kulturprogramm für den Herbst 2022 wollten wir von Beginn an ein Signal setzen: Wir sind für alle Menschen im Grätzl da – für unsere Kleinsten ebenso, wie für Jugendliche, Erwachsene und auch die Ältesten. In unserem Programm finden sich daher z.B. das Kinder-Musik-Theater „Valerie und die Gute-Nacht-Schaukel“, oder ein Trommel-Workshop für alle zwischen 14 und 104 mit anschließendem Trommelkonzert „Abarga“. Natürlich dürfen auch große Künstlerinnen wie Erika Pluhar nicht fehlen, die ihre Jugendjahre in Floridsdorf verbracht hat. Walther Soyka wird mit seinem Erzählkonzert auch aus Floridsdorfs Geschichte erzählen. Ebenso wichtig ist es uns, über den Tellerrand hinauszuschauen, zB mit dem aus Kuba stammenden Multiinstrumentalisten und Komponisten Eldis La Rosa und seinen Colores, die aus unterschiedlichen Erdteilen kommen. Ein vielfältiges und qualitätsvolles Angebot ist uns wichtig. Ob Violinkonzert, Kabarett, Theater, Krabbelkonzert für Babys – all das wollen wir zu uns an den Stadtrand bringen.
GD: Was braucht ihr als Verein vom Bezirk und von der Stadt Wien, um gut arbeiten zu können?
Kulturverein s’Hufnagl: Wir brauchen das klare Bekenntnis der Stadt wie des Bezirkes für diesen dezentralen Kulturstandort – und damit auch die entsprechenden Gelder. Die Sozialbau hat das Gebäude umgebaut und renoviert. Ob es nun nicht nur der Sozialbau Community zur Verfügung steht, sondern auch dem Grätzl, hängt nicht zuletzt davon ab, wie sehr Stadt und Bezirk bereit sind, den Standort mitzufinanzieren und unser Kulturprogramm zu fördern.
Außerdem hoffen wir sehr, dass auch das Café bald eröffnet – die Sozialbau sucht einen Betreiber. Kulturzentrum und Café mit kleinem Imbiss gehören einfach zusammen. Und auch ein kleiner Mittagstisch ist ein Wunsch der Menschen im Grätzl.
GD: Was sind eure größten Herausforderungen?
Kulturverein s’Hufnagl: Die Finanzen. Wir sind ein Freiwilligenteam, das in den letzten Wochen einen beeindruckenden Zuspruch gefunden hat. „Wenn wir jetzt ein Grätzl-Kulturzentrum bekommen, dann müssen wir auch zusammenhalten und mithelfen“ – viele Menschen haben sich in den letzten Wochen bei uns gemeldet, die zB unentgeltlich und hoch professionell unsere Webpage gestalten, unsere FB-Seite und den Instagram Account angelegt haben und betreuen, einen professionellen Newsletter erstellen, ein Logo für das Hufnagl entwickeln, unsere Veranstaltungen auf diversen Internet-Portalen bewerben, die AKM-Meldungen durchführen bis hin zur Verteilung von Flyern. Wir sind in der Region hervorragend vernetzt und haben viele Kontakte zu Künstler:innen. Was uns fehlt, sind die finanziellen Mittel – nicht zuletzt um zB auch ein interessantes Workshop- und Gesundheitsprogramm ab 2023 aufbauen zu können. Das Potential ist enorm, wir haben viele tolle Anfragen und Angebote erhalten, hier mitgestaltend wirken zu wollen. Die Verantwortung der Finanzierung muss eine geteilte sein, wir brauchen die Stadt, den Bezirk als starke Partner. Private Sponsoren wie auch Unternehmer:innen können bei uns außerdem „Freund:in des Hauses werden“ oder Kulturtickets zum Geburtstag und zu Weihnachten verschenken.
GD: Ein Blick in die Zukunft – wo seht ihr euch in 5 Jahren?
Kulturverein s’Hufnagl: Das muss schneller gehen (lachend). Unser Ziel ist, ein interessanter, kultureller Nahversorger an der Peripherie der Stadt zu sein, niederschwellig und doch mit qualitativ hochwertigen Angeboten für alle im Grätzl und Bezirk. Potenziale unserer Region machen wir sichtbar, holen sie vor den Vorhang. Wir sind außerdem ein Ort der Begegnung und eines offenen, gesellschaftspolitischen Diskurses im Grätzl: In was für einer Gesellschaft wollen wir leben? Denn wir sind die Gestalter:innen.
GD: Herzlichen Dank für das Gespräch. Wir Grüne begrüßen die Gründung dieses Grätzl-Kulturzentrum sehr. Wir wünschen dem engagierten Team nach diesem gelungenen Start weiterhin viel Erfolg!
Nähere Informationen:
https://www.das-hufnagl.at/