Seilbahn oder Naturschutz?
Seilbahnen sind in einzelnen Städten ein etabliertes Verkehrsmittel. Was aber wären die ökologischen Auswirkungen der präsentierten Touristenbahn auf den Kahlenberg, insbesondere für Jedlesee und die Schwarzlackenau?





Seilbahnen im urbanen Raum findet man meistens in gebirgigen Stadtteilen, wo große Höhenunterschiede überwunden werden müssen. Seltener findet man Seilbahnen auch in Großstädten über Flüsse. Geht es nach den aktuellen Plänen eines Seilbahnbetreibers und der NEOS, dann soll in Wien beides verbunden werden, jedoch mit einem klaren touristischen Ziel: dem Kahlenberg.
Zweifache Donauquerung
Laut dem öffentlich bereits sehr detailliert vorgestellten Projekt würde die Kabinenbahn vom Bahnhof Heiligenstadt über die Donau zur ersten Station „Jedlesee“ in der Höhe Überführstraße/Jedlesser Aupark führen. Über dem Hubertusdamm ginge die Strecke zur Station „Strebersdorf“, die besser „Schwarzlackenau genannt werden sollte. Die Endstation befände sich auf dem Kahlenberg, wo heute der Auto-Parkplatz ist.
Station und Parkplatz mitten im Schutzgebiet
Für die Stützen müssten im Biosphärenpark auf dem Kahlenberg unzählige Bäume gerodet und Fläche versiegelt werden. Allein für die Station „Strebersdorf“ und dem geplanten Parkplatz würden 5.000m² zwischen Neuer Donau und A22 gerodet und versiegelt werden, und das mitten ich Schutzgebiet Wald- und Wiesengürtel. Gerade in einem Schutzgebiet ist jede verbaute und versiegelte Fläche ein Qualitätsverlust. In Zeiten der Klimakatstrophe braucht es Entsiegelung und Aufforstung und nicht das Gegenteil!
über der Natur schwebend sieht man viel
Wien wäre um eine Attraktion reicher. Nicht wegen dem Ziel der Seilbahn, sondern wegen ihrer Streckenführung. Die Route würde direkt durch das nördliche FKK-Gebiet der Donauinsel führen. Tourist:innen und „Einheimische“ hätten dadurch aus der Vogelperspektive eine klare Sicht auf die natürlichste Form der Menschen. Die Seilbahn würde dadurch das FKK-Gebiet verdrängen und im schlimmsten Fall auflösen.
Zukünftiger Verkehrsmagnet
Durch die geplante P+R-Anlage bei der Station „Strebersdorf“ mit 630 Stellplätzen würde sich der Autoverkehr in der Schwarzlackenau dramatisch erhöhen, was für die Anrainer:innen völlig unzumutbar wäre. Vor allem der Auto- und Reisebusverkehr von der Autobahn zur Seilbahnstation würden Lärm und Abgase in das Siedlungsgebiet bringen. Die Parkplatzsituation würde sich trotz Parkraumbewirtschaftung um die Stationen verschärfen. Binnenpendler:innen aus Floridsdorf mit Parkpickerl würden ihr Fahrzeug in den engen Gassen im Siedlungsgebiet abstellen, um sich die Kosten der P+R-Anlage zu sparen.
Schnelle Donauquerung
Die Seilbahn würde eine direkte und schnelle Verbindung von der Schwarzlackenau und Jedlesee nach Heiligenstadt ermöglichen. Dies könnte die Fahrzeit drastisch senken. Das wäre zwar eine Verbesserung auf dieser Achse, bleibt aber ohne Anschluss an das höherrangige Verkehrsnetz nördlich der Donau ein Torso und rechtfertigt keineswegs die massiven Belastungen von Erholungs- und Wohngebieten.
Eine einzige Buslinie als zubringer zur Seilbahn?
Die Stationen der Seilbahn in Floridsdorf würden am Hubertusdamm liegen. Die nächste Öffi-Linie ist der 34A, dessen näheste Haltestelle „Überfuhrstraße“ von der Seilbahnstation „Jedlesee“ ungefähr 400 m entfernt ist, und die 34A-Haltestelle „Schwarzlackenau“ etwa 200 m von der Seilbahnstation „Strebersdorf“. Letztere könnte in Richtung Seilbahn verlegt werden.
Dies würde bedeuten, dass nur eine einzelne Buslinie die Seilbahn in Floridsdorf anbindet. Mit einer Seilbahn bräuchte es aber zumindest einen Anschluss an die S-Bahn. Die Frage, ob die Seilbahn Teil des VOR wird und somit die Zeitkarten (Jahreskarte, Klima-Ticket) und Fahrkarten der Wr. Linien gelten, bleibt weiter offen.
Fazit
Dieses 77 Mio. € Projekt würde zwar Floridsdorf näher an Heiligenstadt und den Kahlenberg bringen, aber die Seilbahn würde auch mehr Verkehrsbelastung, den eventuellen Wegfall der FFK-Zone, sowie zahlreiche Rodungen und Versiegelungen mit sich bringen. Mit diesem Geld können sinnvollere Projekte finanziert werden, wie etwa baulich getrennte Radwege oder Intervallverdichtungen bei Öffis.
| Abstimmungsergebnisse der Bezirksvertretungen Floridsdorf und Döbling Die Bezirksvertretung Döbling hat sich in einer Resolution am 2. März 2023 mehrheitlich gegen das präsentierte Seilbahnprojekt ausgesprochen. Die Bezirksvertretung Floridsdorf hat sich am 12. April 2023 ebenfalls mit großer Mehrheit dagegen ausgesprochen.  | 
Alternative Donauquerungen sind möglich!
Für ökologisch verträgliche Alternativen zur Seilbahn gibt es mehrere Ideen. Eine umweltschonendere Donauquerung, für die keine Zufahrten gebaut werden müssten, wäre beispielsweise eine Bootsfähre zwischen der nördlichen Donauinsel und dem 19. Bezirk für Fußgehende und Radfahrende. Diese Querung würde den Anrainer:innen und Ausflügler:innen mehr bringen, als ein Massentransportmittel für Touristen auf einen überfüllten Kahlenberg.